Das Projekt "OpenStreetMap" ist im Prinzip sowas wie eine große Landkarte, an der jeder mitarbeiten kann. Also so wie Wikipedia als Lexikon, nur eben als Straßenkarte. Wobei Straßenkarte genaugenommen der falsche Begriff ist, auch wenn der Projektname es suggeriert - in OpenStreetMap kann und darf man alles erfassen, was auf einer Karte irgendwie sinnvoll sein kann. Das sind natürlich hauptsächlich Straßen und wichtige Gebäude, aber auch Wanderwege, Treppen, Briefkästen, Postfilialen, Geldautomaten, Bushaltestellen, Hausnummern, Parkbänke und vieles mehr. Im Gegensatz zum bekannten kommerziellen Platzhirschen "Google Maps" kann man daher mit den Daten aus dem OpenStreetMap-Projekt mehr machen, als nur einfache Straßenkarten zeichnen und eine Route fürs Auto suchen lassen. Routenplanung für Mountainbiker oder Reiter ist prinzipiell genauso möglich wie eine Karte speziell mit Papierkörben, Altglascontainern und Hundekottütenspendern. Manche Aktive in OSM behaupten daher auch gerne, es ginge erstmal nur darum, die Geodaten zu sammeln. Die Weiterverarbeitung wäre gar nicht Kerngeschäft des Projektes. Eine Meinung, die ich nicht teile, denn von einem Haufen Daten in einer Datenbank hat der durchschnittliche Nutzer nicht viel. Richtig ist allerdings, dass OSM im engeren Sinne keine Karten betreibt, sondern eine Geodatenbank, aus der man unter anderem Karten machen kann - aber eben auch mehr.
Aber egal ob Karte oder nicht - einen Nutzen kann man nur erzeugen, wenn möglichst viele Leute mitmachen und Daten beisteuern oder vorhandene Daten korrigieren. In Ballungszentren gibt es meistens genug Leute, die mitmachen, so dass man für die Regionen wesentlich genauere und aktuellere Daten findet, als es in kommerziellen Angeboten je möglich wäre. In weniger stark besiedelten Gegenden gibt es dagegen tatsächlich auch noch die sprichwörtlichen weißen Flecken auf der Landkarte. Da kann man sich dann fast noch wie ein altertümlicher Entdecker vorkommen, der unbekanntes Land betritt und erstmals kartographiert.
Kartographieren hört sich kompliziert an, ist aber gar nicht schwer. Im einfachsten Fall reicht ein bisschen Ortkenntnis, um die vorhandenen Karten zu verbessern. Mein allererster Beitrag zu OpenStreetMap war daher die Ergänzung eines fehlenden Straßennames in meiner Heimatstadt. Die Straße war schon eingetragen, aber noch nicht benannt, also habe ich den Namen ergänzt. Nach ein wenig Suchen fand ich eine falsch eingetragene Straße und habe sie korrigiert. Da man in OpenStreetMap auch Verkehrsregelungen (z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Abbiegebeschränkungen) eintragen kann, die für die exakte Routenplanung ziemlich wichtig sind, kann auf diese Weise eigentlich jeder mitmachen, der einen Computer hat und mit offenen Augen durch die Welt läuft. Für neue Eintragungen in größerem Umfang braucht man aber natürlich genaue Daten, die man z.B. von einem GPS-Gerät bekommt. Ich arbeite mit einem Garmin Etrex Vista HCx, das häufig mitkommt, wenn ich unterwegs bin - im Rucksack, am Fahrrad, im Kinderwagen, im Auto oder im Zug. Es zeichnet fleißig die zurückgelegte Strecke auf, die dann mit einem Editor in die große Datenbank von OpenStreetMap übertragen werden kann. Außerdem gibt es einige recht detaillierte Luftbilder, die für die Benutzung für OpenStreetMap freigegeben sind, so dass man von diesen abzeichnen kann.
Dass das Projekt vollständig von der Arbeit freiwilliger lebt, bringt allerdings auch einige Einschränkungen mit sich. Manche schöne Spezialkarte hängt dann vom Enthusiasmus eines einzelnen Aktiven ab - und wenn der gerade keine Zeit oder keine Lust hat, wird sie plötzlich nicht mehr regelmäßig aktualisiert oder verschwindet ganz aus dem Netz. Oder die privat finanzierten Server sind der Last der Anfragen begeisterter Nutzer einfach nicht gewachsen und liefern die Daten nur tröpfchenweise aus. Ein bisschen Idealismus und Geduld gehören also auch dazu, wenn man die Daten nutzen will. Spätestens, wenn man sich genau auf den persönlichen Bedarf zugeschnittene Karten auf sein GPS-Gerät laden will, braucht man außerdem noch eine kräftige Portion technischen Sachverstand, um die notwendigen Werkzeuge in der richtigen Reihenfolge mit den richtigen Daten zu füttern. Dann aber kann man sich freuen, immer mit der passenden Karte unterwegs zu sein - und wenn auf der was fehlt: Einfach selber eintragen!