Mein hauptsächliches Forschungsgebiet liegt an der Schnittstelle von Softwaretechnik und Bildungstechnologie. Ich interessierte mich dabei insbesondere für allgemeine Aspekte der Softwarearchitektur und der Realisierung verteilter Softwaresysteme, versuche diese dann aber insbesondere im Bereich von E-Learning- und E-Assessment-Systemen weiterzuentwickeln und zu erproben. Dieses Anwendungsfeld bringt gleich zwei Vorteile mit sich: Zum einen kann ich die so entwickelten Systeme gleich selber in der Lehre einsetzen, meine eigenen Lehre damit verbessern und Studierenden aktuelle Ergebnisse und Fragestellungen meiner Forschung "am lebenden Objekt" näher bringen. Zum anderen kann ich in Forschungsprojekten sehr interdisziplinär arbeiten und habe das in der Vergangenheit schon sehr erfolgreich mit Kolleginnen und Kollegen aus der Biologie, der Chemie, der Mathematik und weiteren Fächern getan. Viele Aspekte, die wir in der Vergangenheit zunächst in einem fachspezifischen Projekt entwickelt haben, konnten wir dann später verallgemeinern und in anderen Projekten mit anderen Fächern zumindest teilweise wiederverwenden. Die softwaretechnische Realisierung unseres E-Assessment-Systems JACK macht diese Art der Wiederverwendung besonders einfach, fortgeschrittene Techniken - beispielsweise zur Geneierung von Aufgaben und zur Erzeugung von kompetenzorientiertem Feedback - schnell in ganz verschiedenen Aufgabentypen für verschiedene Fächer einzusetzen.
Als eine Art wissenschaftlicher Nebenbeschäftigung befasse ich mich außerdem mit organisatorischen Aspekten der Softwareentwicklung. Insbesondere bin ich dazu im Rahmen der SEMAT-Initiative aktiv, die sich mit Methoden und Theorien des Software Engineering Managements befasst. Im Wesentlichen geht sie der Frage nach, was Software Engineering eigentlich ausmacht und wie man verschiedene Methoden theoretisch fundiert beschreiben und analysieren kann. Als einen konkreten Schritt auf diesem Weg erarbeiteten wir eine Beschreibungssprache, die über die OMG unter dem Namen "ESSENCE" standardisiert wurde und damit als allgemein akzeptierte Grundlage für die Beschreibung von Methoden des Software Engineering dienen soll. Unsere gründliche Arbeit mit einer sauberen Trennung der formalen Beschreibungssprache von den eigentlichen Inhalten hat nicht zur dazu geführt, dass die resultierende Sprache für ganz verschiedene Arten von Softwareentwicklungsprojekten geeignet ist, sondern dass die Beschreibungssprache auch auf völlig andere Prozesse übertragen werden kann. Im Rahmen meines Habilitationsprojektes habe ich beispielsweise eine Variante erstellt, mit der sich E-Assessment-Prozesse beschreiben lassen, und konnte das Thema somit mit meinem hauptsächlichen Forschungsgebiet verbinden.
Allerdings haben wir nicht den ganzen Tag Zeit für die Forschung, denn auch die Lehre soll ja ihren berechtigten Platz im Wochenplan finden. Während meiner eigenen Studentenzeit hatte ich nie als Tutor Übungsgruppen oder ähnliches geleitet, aber trotzdem hat mir diese Tätigkeit im Beruf von Anfang an großen Spaß gemacht und ich konnte mir auch nur schwer vorstellen, mal ein Semester lang nichts mit Lehre zu tun zu haben - in meiner Elternzeit habe ich dann aber doch ein wenig kürzer getreten. Das Tätigkeitsspektrum rund um die Lehre ist auch ziemlich groß: Übungszettel entwerfen, Vorlesungsfolien entwerfen, Klausuraufgaben entwerfen, Übungen durchführen, Emails aller Art beantworten, Klausuren beaufsichtigen, Prüfungsbeisitz, Klausuren korrigieren und inzwischen auch regelmäßig selber Vorlesungen halten. Solange die Studierenden nicht zu auffällig desinteressiert gähnen, macht auch das eine Menge Spaß. Dazu kommt dann noch die Betreuung von Studien- und Abschlussarbeiten aller Art, mit allem was an Höhepunkten und Tiefpunkten dazu gehört, von wunderbar selbständig durchgeführten Arbeiten bis hin zu völlig hilflosen Studierenden, die scheinbar zum ersten Mal in ihrem Leben einen Text von mehr als ein paar Sätzen Länge verfassen müssen.
Selber darf und muss ich natürlich auch immer wieder Texte schreiben, in denen wir der Fachwelt unsere neuesten Forschungsergebnisse vorstellen. Dazu muss man seine Werke aber erst einmal durch den Review-Prozess einer passenden Konferenz bringen. Das ist nicht immer einfach und manchmal sind negative Review-Kommentare ganz schön deprimierend und lassen die Motivation zumindest kurzzeitig spürbar sinken. Wenn es dagegen geklappt hat, wird man meistens mit ein paar Tagen in einer schönen Stadt (Toulouse, Lissabon, Valencia) belohnt - oder zumindest einer abenteuerlichen Reise mit Linienbus und Regionalzug vom Flughafen zum Konferenzort (Leicester, Garching bei München). Darüber hinaus sind Konferenzen natürlich vor allem eine gute Gelegenheit um festzustellen, wie andere Leute die eigene Arbeit beurteilen, sich selber ein direktes Bild von der Forschung an anderen Orten zu machen und außerdem Kontakte aller Art zu knüpfen.
Und wenn man gerade nicht mit Lehre, Forschung oder Dienstreisen beschäftigt ist, wird einem an der Uni trotzdem nicht langweilig. Schließlich gibt es noch die allseits beliebte Bürokratie (Dienstreiseanträge, Dienstreiseabrechnungen, Forschungsanträge, Forschungsberichte, ...), universitätsübergreifende Arbeitskreise und haufenweise Kommissionen und sonstige Institutionen der universitären Selbstverwaltung, von denen ich zumindest mit einigen bisher kaum etwas zu tun hatte, so dass ich vermutlich schon aus purer Neugier noch ein paar Jahre an der Uni bleiben werde. Und auch wenn ich mein Ziel verwirklichen möchte, eines Tages als Professor dauerhaft an einer Uni zu bleiben, muss ich mich noch mindestens zwei Kommissionen stellen: Einer Habilitationskommission und einer Berufungskommission.